Das historische Westungarn der Frühen Neuzeit ist eine Region, in der politische Kräfte, kulturell-geistige Strömungen und wirtschaftliche Prozesse ihre Wirkungen entfalteten, in der verschiedene Ethnien (Ungarn, Deutsche, Kroaten, Slowenen) nebeneinander lebten und wo verschiedene Konfessionen (die katholische, die evangelische, die reformierte) ihre Kirchenorganisationen errichteten. Im Westen der Region gehörten einige Herrschaftsbereiche eine Zeit lang zu Österreich, im Osten verlief die Grenzverteidigungslinie, die gegen die Osmanen errichtet wurde, andere Gebiete wurden sogar von den Osmanen beherrscht. Die zu Beginn des Jahrhunderts gelähmte katholische Kirche zeigte auch in Westungarn im 17. Jahrhundert eine überraschende Vitalität. Der Vortag sucht eine Antwort auf die Fragen, wie die Reform des katholischen Klerus in dieser Region durchgeführt wurde und wie die erneuerte katholische Kirche ihre Aktivität verstärkte bzw. wie die einzelnen gesellschaftlichen Schichten (Hochadelige, Adelige, Bürger und Bauern) auf die verstärkte katholische Aktivität reagierten. Diese Probleme werden im Rahmen einer Diözesangeschichte untersucht. Es wird zur Diskussion gestellt, ob diese wissenschaftliche Disziplin zur Beantwortung der gestellten Fragen, die sich überwiegend an den Problemstellungen der Sozialgeschichte orientieren, geeignet ist oder nicht.
Vortragender: István Fazekas, Eötvös-Lorand-Universität Budapest, Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit